Trommelfell- und Mittelohroperationen (Tympanoplastik, Cholesteatomentfernung, Stapesplastik)
Welche Gründe gibt es, an Trommelfell und Mittelohr zu operieren?
Trommelfellperforationen (Löcher im Trommelfell)
Von wenigen Ausnahmen abgesehen, sollten Löcher im Trommelfell durch eine Operation verschlossen werden. Entstehen diese durch eine Verletzung bei sonst gesundem Ohr (traumatische Trommelfellperforation), heilen sie oft von selbst. Wenn sie sich aber nicht innerhalb von ca. 3 Wochen verschließen, sollte der operative Verschluss geplant werden.
Löcher im Trommelfell können auch durch Entzündungen oder in Folge eines nicht normal funktionierenden Druckausgleichs entstehen. Wenn die Mittelohrschleimhaut nicht durch ein intaktes Trommelfell vor äußeren Einflüssen wie einem Eintreten von Flüssigkeit oder Krankheitserregern geschützt wird, kommt es meist zur einer chronischen Entzündung und zu einer zunehmenden Schwerhörigkeit, die sowohl die Schallübertragung als auch die Innenohrfunktion betreffen kann. Wenn solche Löcher in der Mitte des Trommelfells liegen und den Rand des Trommelfells nicht erreichen, spricht man von einer mesotympanalen chronischen Mittelohrentzündung. Ein operativer Verschluss ist in diesem Fall empfehlenswert, um langfristig den Entzündungsherd im Körper zu entfernen und ein möglichst gutes Hören zu erhalten. Die Operation ist jedoch nicht dringlich. Alternativ kann das Ohr auch regelmäßig kontrolliert werden und so bei stabilem Hören und seltenen Entzündung eine Operation vermieden werden.
Anders verhält es sich, wenn ein Loch im Trommelfell den Rand des Trommelfells erreicht. Man spricht dann von einer epitympanalen chronischen Mittelohrentzündung. Meist wächst in diesem Fall Haut vom Gehörgang ins Mittelohr und ruft eine aggressive Knocheneiterung, das so genannte Mittelohrcholesteatom, hervor. Im Verlauf von Jahren zerstört diese Entzündung langsam die wichtigen Strukturen im Felsenbein und kann so zu Ertaubung, Schwindel und Gesichtslähmung führen. Wenn sich die Entzündung ins Gehirn ausbreitet, kann sie sogar lebensbedrochlich werden. Die einzige Therapiemöglichkeit ist eine Operation. Diese ist bei sich abzeichnender Cholesteatombildung dringend frühzeitig zu empfehlen. Oberstes Ziel der Operation ist die vollständige Entfernung der Entzündung, da diese sonst unweigerlich wiederkommt. Je früher eine Operation durchgeführt wird und je kleiner Cholesteatome sind, desto besser gelingt in der Regel die Wiederherstellung der Schallübertragung und somit der langfristige Erhalt eines guten Hörvermögens.
Schallleitungsschwerhörigkeit
Auch bei intaktem Trommelfell kann es zu einer zunehmenden Verschlechterung der Schallübertragung über die Gehörknöchelchen auf das Innenohr kommen. Eine Operation hat in diesem Fall eine Hörverbesserung zum Ziel. Als Ursache kommen eine Versteifung des Trommelfells und der feinen Gelenke zwischen den Gehörknöchelchen in Folge von Entzündungen (Tympanosklerose) oder die so genannte Otosklerose in Frage. Bei der Otosklerose kommt es aus ungeklärter Ursache zu einer Versteifung der Gehörknöchelchen, insbesondere am Ringband, mit dem die Fußplatte des Steigbügels mit der Knochenschale der Hörschnecke verbunden ist.
Wie laufen Operationen an Trommelfell und Mittelohr ab?
Je nach Ausdehung der Operation führen wir Trommelfell und Mittelohroperationen ambulant oder stationär, meist in Vollnarkose, im Klinikum Landsberg durch. Die Schnitte werden je nach Lage und Ausdehnung des jeweiligen Problems in den Gehörgang oder hinter das Ohr gelegt. In beiden Fällen sind die Narben in Regel kaum sichtbar. Nach dem Einsetzen von Wundsperrern wird die weitere Operation unter Vergrößerung mit einem Operationsmikroskop durchgeführt.
Meist wird zunächst ein Hautlappen im Gehörgang geschnitten und das Trommelfell als Ganzes von hinten her angehoben. Oft muss für eine ausreichende Übersicht über den Mittelohrraum und die Gehörknöchelchen der knöcherne Gehörgang erweitert werden. Dann können entzündliche Verwachsungen oder Cholesteatome aus dem Mittelohr entfernt, und anschließend die Funktion der Gehörknöchelchenkette überprüft werden. Wenn die Gehörknöchelchen den Schall nicht mehr gut übertragen können oder wenn sie Kontakt mit dem Cholesteatom hatten, müssen sie entfernt und durch eine Prothese ersetzt werden. Hierfür kann machmal ein entnommenes Gehörknöchelchen verwendet werden, häufiger werden aber Prothesen aus Titan eingesetzt. Dieser Ersatz der Gehörknöchelchen wird als Tympanoplastik Typ 3 (selterner 2) bezeichnet. Im Falle der Otosklerose muss ein Loch in die Fußplatte des Steigbügels (Stapes) gemacht und eine zylindrische Prothese in dieses Loch eingesetzt werden, die dann die Schwingungen direkt auf die Innenohrflüssigkeit überträgt. Eine solche Operation wird als Stapesplastik bezeichnet. Wenn ein Loch im Trommelfell vorliegt, wird von der Ohrmuschel Knorpelhaut und Knorpel entnommen und damit das Loch von der Innenseite des Trommelfells her verschlossen. Diese Materialien können nicht festgenäht werden, sondern haften an den Resten des Trommelfells wie ein nasses Papier an einer glatten Oberfläche. Das rekonstruierte Trommelfell wird nun wieder in seine natürliche Position gebracht.
Auch im Gehörgang kann der Hautlappen, mit dem das Trommelfell angehoben wurde, nicht angenäht werden, sondern muss mit Silikonfolien abgedeckt und durch eine antibiotika-getränkte Tamponade für drei Wochen leicht angedrückt werden. Der Gehörgangseingang wird durch einen Salbenstreifen vor Feuchtigkeit oder dem Eintreten von Keimen geschützt.
Worauf müssen Sie nach einer Mittelohroperation achten?
Das operierte Ohr bleibt 1 (bei der Stapesplastik) bis 3 Wochen austamponiert, sodass Sie auf diesem Ohr kaum etwas hören. In dieser Zeit muss der Salbenstreifen im Gehörgangseingang alle paar Tage gewechselt werden. Die Fäden werden nach 7 - 10 Tagen entfernt. Bereits nach einer Woche können Sie sich weitgehend normal körperlich betätigen. Ihr Ohr sollte jedoch nicht nass werden und Sie sollten nicht stärker schwitzen. Zum Waschen der Haare können Sie ein Trinkgefäß über das Ohr halten, um es vor Nässe zu schützen. Sollten nach einigen Tagen die Schmerzen stärker werden oder Eiter aus dem Ohr laufen, kann eine Infektion die Ursache sein. In diesem Fall kommen Sie bitte umgehend zu uns, damit wir die Tamponade entfernen und die Infektion behandeln können. Nach der Entfernung der Tamponade nach drei Wochen muss der Gehörgang häufig noch eine Zeit lang immer wieder gereinigt und mit Topfen oder Salben behandelt werden. Bitte halten Sie Ihr Ohr noch trocken, bis wir Ihnen grünes Licht geben zum normal Duschen, Baden oder Schwitzen.
Bitte informieren Sie uns, wenn Sie nach der Operation ein pfeiffendes Ohrgräusch haben sollten, da dies ein Zeichen für einen Innenohrschaden sein kann. Das Bohren am Gehörgang und die Manipulation an den Gehörknöchelchen stellen eine gewisse Lärmbelastung für das Ohr dar, sodass in seltenen Fällen das Innenohr ein Lärmtrauma erleiden kann. Wenn man dann rechtzeitig mit Cortison behandelt, erholt sich das Ohr in den meisten Fällen wieder vollständig. Schmatzende oder plätschernde Ohrgeräusche sowie ein Knacken beim Schlucken werden durch die Tamponade hervorgerufen und sind normal.
Nach Mittelohroperationen sollten langfristige Befundkontrollen beim HNO-Arzt erfolgen. Zum einen reinigt sich der Gehörgang oft nicht mehr so gut von selbst, sodass alle paar Monate Krusten und Ohrenschmalz entfernt werden muss. Zudem besteht nach jeder Ohroperation langfristig ein geringes Risiko einer Cholesteatombildung, die dann früh erkannt und behandelt werden muss.
© Prof. Dr. Bernhard Olzowy, April 2018